Tessa ist es gewohnt, sich durchzusetzen. Aus einer Arbeiterfamilie stammend, schafft sie es an die Elite-Universität, um Jura zu studieren. Dort ist sie ebenso eine der Besten wie später in der Kanzlei. Die Strafverteidigerin weiß, dass sie brillanter ist als die meisten anderen: Ehrgeizig, siegesgewiss und ausgestattet mit einer strategischen Kühle, mit der sie einen Prozess nach dem nächsten gewinnt. Ihre Mandanten sind zumeist Männer, die sexueller Übergriffe beschuldigt werden.
Auf den ersten Blick (lat.: prima facie) scheint die Lage oft eindeutig: Hier der Täter, da das Opfer. Doch Tessa fühlt den Zeug:innen so lustvoll und eindringlich auf den Zahn, dass jede vermeintliche Wahrheit sich in ihr Gegenteil verkehren kann. Tessas juristischer Instinkt führt die Beschuldigten vom sicher geglaubten Schuldspruch direkt in die Freiheit. Und dann wird sie selbst zum Opfer eines sexuellen Übergriffs. Ausgerechnet ihr Kollege Julian überschreitet eine Grenze. Am nächsten Morgen wird Tessa von Selbstzweifeln überwältigt: Wie konnte das passieren? War das überhaupt ein Übergriff? Oder hatte sie ihm missverständliche Signale gesendet? Was tun, wenn Recht und Gerechtigkeit, wenn Wirklichkeit und Erzählung nicht mehr korrespondieren?
Der atemberaubende Monolog von Suzie Miller verhandelt große juristische Fragen anhand einer komplexen und sich stetig entwickelnden Frauenfigur. Das Theaterstück der britisch-australischen Anwältin und Dramatikerin wurde 2019 in Sydney uraufgeführt und vielfach ausgezeichnet. Seitdem wird es an zahlreichen Theatern weltweit mit großem Erfolg nachgespielt. In kaum einem zeitgenössischen Stoff steckt so viel gegenwärtige Sprengkraft.
»Ein unglaublich anregender Abend. Kristin Heil hat eine super starke Performance gezeigt, ihre Wandlungsfähigkeit und Konzentration waren beeindruckend.«
Zuschauer Johannes Korndörfer, Dresden
»In Plauen wagt Dirk Löschner mehr Theater. Das beginnt beim Bühnenbild von Annabel von Berlichingen: ein klug konstruiertes Möbel auf einer Drehbühne, das sich für alle Szenen eignet; dazu Rap, Lichtspiele, sparsame Videoprojektionen und kurze Jingles. All das gibt dem Abend Struktur und Abwechslung […] Kristin Heils Tessa […] wirkt widerständiger, wütender, zweifelnder und verzweifelter – und verleiht ihrer Figur so mehr Tiefe. »Prima Facie« ist […] zur rechten Zeit auf die Bühne gekommen.«
Maurice Querner, Freie Presse